Panorama-Redaktion des NDR erhält den Medienpreis 2022
25. Januar 2023 | Bad Segeberg
Plädoyers für die Freiberuflichkeit, Appelle an die gemeinsame Verantwortung von Heilberufen, Politik und anderen Akteuren im Gesundheitssystem und ausgezeichnete journalistische Beiträge über das Gesundheitswesen: Dies waren die zentralen Programmpunkte des diesjährigen Parlamentarischen Abends der Akademischen Heilberufe, der zugleich der Verleihung des Medienpreises 2022 diente.
Feierlich waren viele Gäste aus den Heilberufen dennoch nicht aufgelegt – zu groß sind die aktuellen Herausforderungen für ihre Berufe. Darauf ging auch Dr. Clemens Veltrup, Präsident der Psychotherapeutenkammer Schleswig-Holstein und amtierender IDH-Vorsitzender, in seiner Begrüßung vor rund 100 Gästen in Kiel ein. Die Sorge um die Freiberuflichkeit, von vielen Heilberufen in den vergangenen Monaten immer wieder auch in Protestveranstaltungen geäußert, war eine seiner zentralen Botschaften. Trotz dieser Proteste hätten viele Akteure im Gesundheitswesen das Gefühl, dass ihre Sorgen in weiten Teilen der Politik nicht ankommen: „Man muss wohl noch lauter werden, damit das System nicht den Bach heruntergeht.“
Die auf Bundesebene spürbare problematische Kommunikation zwischen politischen Entscheidungsträgern und den Akteuren der Gesundheitsversorgung zeigt sich in Schleswig-Holstein bislang nicht. Veltrup lobte ausdrücklich den vom Landesgesundheitsministerium angeschobenen Pakt für Gesundheit. Das konstruktive Miteinander zeigte sich an diesem Abend mehrfach, u.a. durch die Präsenz auch von Krankenkassen und anderen Verbänden, aber auch am Impuls von Gesundheitsministerin Prof. Kerstin von der Decken. Sie zeigte sich an den Problemen der Heilberufe nicht nur interessiert, sondern betonte deren zentrale Bedeutung: „Wir sind als Gesundheitsministerium auf Sie als starke Partner angewiesen.“ Die geäußerten Probleme werden aus ihrer Sicht zu Recht geäußert, wie sie am Beispiel der prekären Vergütungssituation im ambulanten Bereich oder an der Belastung mit bürokratischen Anforderungen zeigte. Auf Landesebene arbeitet sie gemeinsam mit den Akteuren im Pakt für Gesundheit an Fortschritten. Zahlreiche Probleme seien bereits gemeinsam identifiziert worden und werden derzeit systematisiert und priorisiert mit dem Ziel, sie zu lösen. Von der Decken betonte die „Verantwortungspartnerschaft“, in der sie Gesundheitspolitik und Akteure des Gesundheitswesens sieht.
Neben von der Decken waren auch die Gesundheitspolitischen Sprecher Hauke Hansen (CDU), Birte Pauls (SPD), Jasper Balke (Grüne) und Dr. Heiner Garg (FDP) zum Parlamentarischen Abend gekommen. Sie hörten ein Impulsreferat von Friedemann Schmidt, dem Präsidenten des Bundesverbandes der Freien Berufe. Er erklärte, warum es auch in schwierigen Zeiten „ein gute Idee ist, sich selbstständig zu machen“ und ging dabei ebenfalls auf die Verantwortung ein, die selbstständige Freiberufler –inzwischen mehrheitlich Frauen - in und für unsere Gesellschaft übernehmen. Freiberufliche Selbstständigkeit, führt Schmidt aus, sei kein Beruf, sondern eine Lebensform. Man richte damit seine unternehmerischen Aktivitäten auf das Gemeinwohl aus und unterliege einer starken Bindung an diese Verantwortung. Zugleich sind Freiberufler eine Stütze der Volkswirtschaft. 1,5 Millionen Freiberufler in Deutschland sind selbstständig, allein 400.000 davon sind Heilberufe. Gemeinsam erwirtschaften Freiberufler zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Schmitt: „Das ist keine Nische, sondern eine Säule unserer Volkswirtschaft.“
Was eine Bedrohung der selbstständigen Freiberufler für Konsequenzen haben kann, zeigt ein Beitrag der Panorama-Redaktion des NDR, der im vergangenen Jahr ausgestrahlt wurde. Die daran beteiligten Journalisten Anne Ruprecht, Brid Roesner, Petra Blum und Christian Baars sammelten ihr Material u.a. in Kiel, wo eine investorengeführte Augenarztkette zahlreiche angestellte Ärzte beschäftigt und Heilberufe sich Sorgen über die Folgen für die Patientenversorgung machen. Der Beitrag fasst die möglichen Konsequenzen wie etwa monopolartige Strukturen aus Sicht der IDH-Jury so treffend zusammen, dass sie den Beitrag mit dem IDH-Medienpreis 2022 auszeichnete.
Neben der Panorama-Redaktion waren zwei weitere journalistische Beiträge nominiert, die Autoren waren an diesem Abend ebenfalls dabei. Ein Beitrag über die Reise einer Blutspende und ihre zahlreichen Stationen beeindruckte die Jury u.a. mit der aufwendigen Recherche, die den Lesern einer doppelseitigen Reportage in den Kieler Nachrichten zahlreiche Detailinformationen zu diesem Thema bot und zum Blutspenden anregte. Autorin Rieke Beckwermert berichtet für die Kieler Nachtrichten häufig über gesundheitspolitische Themen und ist vielen Heilberufen zumindest vom Namen her bekannt. Für die Fotos zeichnete Ulf Dahl verantwortlich, Videoreporterin war Kerstin Tietgen.
Nicht im Team, sondern als Einzelperson griff Grit Petersen von den Lübecker Nachrichten das Thema Lieferstopp für Arzneimittel auf. Sie berichtete über eine Lübecker Krankenschwester mit einem Immundefekt, die auf ein lebenswichtiges Medikament angewiesen ist – das vom Hersteller aber vom Markt genommen wurde, weil die Preise die Kosten nicht mehr deckten. Petersen schildert die Konsequenzen für die Frau, deren Kampf gegen diesen Zustand und ihren Erfolg – das Medikament ist wieder erhältlich und die Betroffene war auf dem IDH-Abend dabei.
Bilder: ÄKSH